STANDPUNKT: Warum ein Winterschutz dem Anliegen des Deserteurdenkmals mehr nützt als schadet

Das Denkmal des unbekannten Deserteurs des 1939 geborenen Bildhauers Mehmet Aksoy steht als Leihgabe des Bonner Vereins zur Förderung der Friedensarbeit auf dem Platz der Einheit in Potsdam. Es wurde am 2.September 1990 unter den Klängen der Lieder von Wolf Biermann enthüllt. Als Kulturstadträtin habe ich damals auf Anregung der Kampagne gegen Zwangsdienste und Militär einen Stadtverordnetenbeschluss initiiert. Auf Antrag der Fraktion Die Andere wurde 1998 die dauerhafte Aufstellung in Potsdam beschlossen. In den vergangenen Jahren war das Denkmal Ort von Demonstrationen gegen den Krieg und hat zu manchen wichtigen Debatten beigetragen. Bündnis 90/Die Grünen haben 2003 die erste professionelle Reinigung durch Spenden ermöglicht. Nun geht es darum, das Denkmal von Mitte November bis Ende März vor der Witterung zu schützen.

Das Denkmal des unbekannten Deserteurs des 1939 geborenen Bildhauers Mehmet Aksoy steht als Leihgabe des Bonner Vereins zur Förderung der Friedensarbeit auf dem Platz der Einheit in Potsdam. Es wurde am 2.September 1990 unter den Klängen der Lieder von Wolf Biermann enthüllt. Als Kulturstadträtin habe ich damals auf Anregung der Kampagne gegen Zwangsdienste und Militär einen Stadtverordnetenbeschluss initiiert. Auf Antrag der Fraktion Die Andere wurde 1998 die dauerhafte Aufstellung in Potsdam beschlossen. In den vergangenen Jahren war das Denkmal Ort von Demonstrationen gegen den Krieg und hat zu manchen wichtigen Debatten beigetragen. Bündnis 90/Die Grünen haben 2003 die erste professionelle Reinigung durch Spenden ermöglicht. Nun geht es darum, das Denkmal von Mitte November bis Ende März vor der Witterung zu schützen.

 

Die Debatte zeigt das Interesse am Thema und sie zeigt das Angesprochensein der Beteiligten. Der Grund dafür liegt darin, dass das Denkmal zwei Eigenschaften besitzt, die untrennbar miteinander verbunden sind: es ist politisch und es ist ein Kunstwerk. Carsten Linke hat wichtige Aspekte der politischen Eigenschaften benannt. Die Negativform des quasi nicht mehr anwesenden Menschen, der sich einer von ihm als unmenschlich erkannten Verpflichtung entzogen hat, erinnert an diejenigen, die dies im 2. Weltkrieg unter Lebensgefahr getan haben oder dafür gestorben sind. Und sie fordert uns auf, eigenverantwortlich im Sinne der Menschlichkeit zu handeln. Dass uns dies hier tiefer als jede politische Argumentation erreicht, verdanken wir aber dem Kunstwerk, seiner überzeugenden Gesamtkomposition und bildhauerischen Formqualität. Gerade diese sind es, die erst komplexere Denkansätze provozieren, gerade diese würden durch die Verwitterung nach und nach verschwinden. Mehmet Aksoy ist einer der bedeutendsten lebenden türkischen Künstler, der an verschiedenen Orten mit seinen Kunstwerken unter großem persönlichem Einsatz wichtige Fragen unserer Zeit anspricht. Potsdam kann sich glücklich schätzen, ein solches Werk zu beherbergen. Die Leihgeber in Bonn haben Verständnis für die Einhausung, meinen aber angesichts der Streitigkeiten, das solle in Potsdam geklärt werden. Für sie war vor allem die Meinung des Bildhauers wichtig, die wir eingeholt haben: Mehmet Aksoy ist froh darüber, dass Potsdam sein Werk hochschätzt, und er unterstützt die Wintereinhausung.

 

Aus all diesen Gründen leiten wir eine Verpflichtung für die Stadt ab, für seine Erhaltung zu sorgen, d.h. jährliche Reinigung und ein Winterschutz von Mitte November bis Mitte März, wobei der Zeitraum konservatorisch betrachtet schon ein Kompromiss ist. Die Skulptur mit einer Schutzschicht zu versehen oder eine Plexiglashaube zu verwenden, sind aus restaurierungsfachlicher Sicht ungeeignete Mittel, die ebenfalls zu Schäden führen. Durch Klimauntersuchungen wurde das einfache Holzhäuschen als wirkungsvollster Schutz nachgewiesen. Mit welchen Maßnahmen, man dem politischen Anliegen Rechnung tragen kann, das Denkmal auch während wichtiger Daten im Winter vor Augen zu haben, muss man beraten: ob  einzelne aktionsbezogene Aushausungen realisierbar sind, ob Großfotos geeignet sind etc. Darüber hinaus regen wir an, dass das Aushausen in jedem Frühjahr Anlass für einen besonderen Moment des Nachdenkens sein kann. Um die komplizierten Fragen von Carsten Linke dazu zu beantworten: jeder ist frei, für die Erhaltung oder die Großfotos Geld zu spenden oder sich gemeinsam an jedem letzten Freitag im März dort einzufinden und das Denkmal mit neuer Aufmerksamkeit anzusehen. Das ist sogar besser als die unbeachtete Selbstverständlichkeit, die es bisher für viele hatte.

 

Die Erinnerungen und die Fragen, die dieses Denkmal aufwirft, werden auch in fernerer Zukunft, ganz gleich wie diese aussieht, wichtige Lebensfragen sein. Deshalb werben wir dafür, gerade in einer Stadt, in der so viele historische Werke bewahrt werden, ein wirklich bedeutendes Bildwerk unserer Zeit auch für kommende Generationen zu erhalten.

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