3. Verkehr in Potsdam stadtverträglich und ökologisch gestalten

Potsdam ist im Vergleich mit anderen Städten in Bezug auf die Abwicklung des Verkehrs in einer vergleichsweise günstigen Lage. Nur während der Spitzenbelastungszeiten und an einigen wenigen Punkten kommt es im Straßennetz zu Problemen im Verkehrsfluss.

Dennoch kann man die durch den Auto- und den Frachtverkehr verursachten Probleme nicht vernachlässigen: Mehrere innerstädtische Hauptstraßen sind durch Abgase und Erschütterungen, Lärm und Feinstaub so belastet, dass eine Verminderung Gegenstand deines obligatorischen Luftreinhalteplans geworden ist. Wir Bündnisgrüne bezweifeln, dass die darin genannten Maßnahmen bereits ausreichen werden, um die gesetzlich geforderte Feinstaubminderung zu erreichen. Daher halten wir eine innerstädtische Umweltzone, die für Fahrzeuge ohne Umweltplakette gesperrt ist, für kaum zu vermeiden.

In der Verkehrsplanung müssen intelligente Konzepte zur Förderung der umweltverträglichen Verkehrsarten und zur Regelung des Autoverkehrs eingesetzt werden. Neue Straßen schaffen neuen Autoverkehr. Der Bau neuer Straßen wie die innerstädtische Entlastungsstraße (ISES), die Netzverknüpfung von B 1, B 2 und B 273 schaffen daher keine Lösung von Verkehrsproblemen. Außerdem besteht für diese Straßen kein Bedarf, zumal die Verbindung von Langer Brücke zur Breiten Straße vierspurig bleibt. Wir lehnen daher den Bau der ISES ab und fordern, die Netzverknüpfung inklusive Havelspange aus dem Bundesverkehrswegeplan herauszunehmen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten bei der Gestaltung des Verkehrs in Potsdam weiterhin für folgende Ziele ein:

  • Vermeidung von Verkehr da, wo dies möglich ist
  • Verlagerung eines möglichst großen Anteiles des Verkehrs auf umweltverträgliche Verkehrsmittel
  • möglichst sinnvolle und stadtverträgliche Abwicklung des verbleibenden Verkehrs
  • auf mittlere Sicht Erhöhung des Wegeanteils des Umweltverbundes (zu dem der Fußgänger- der Fahrrad- und der öffentliche Personennahverkehr gehören) von derzeit 60 Prozent auf 80 Prozent
  • Maßnahmen, die v. a. dem motorisierten Individualverkehr dienen und seine Attraktivität erhöhen, müssen auf gut begründete Ausnahmen beschränkt werden.
  • die Orte verschiedener städtischer Funktionen wie Arbeiten, Wohnen, Freizeitgestaltung und Einkaufen sollten durch geeignete stadtplanerische Maßnahmen enger zusammengeführt werden. Dadurch sollte eine "Stadt der kurzen Wege", für die Potsdam gute Voraussetzungen hat, erreicht werden.

Den Ausbau der Havel (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17) lehnen wir aus ökologischen Gründen ab.

Verkehr in der Potsdamer Mitte umweltfreundlich entwickeln

In der Innenstadt werden sich durch die Wiedergewinnung des historischen Stadtgrundrisses im Zuge des Landtagsneubaues am Alten Markt gravierende Veränderungen im Verkehrsablauf ergeben: Während auf einigen Hauptverkehrsstraßen Verkehr in gewissen Maße verlagert werden wird, werden einige verkehrlich untergeordnete, aber als Wohn- und Geschäftsstraßen wichtige Innenstadtstraßen, nennenswert entlastet. Die positivste Entwicklung ist jedoch im engeren Bereich des Alten Marktes zu erwarten, wo durch den Umbau der unteren Friedrich-Ebert-Straße eine neue Aufenthaltsqualität entsteht und eine Bevorzugung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes vorgesehen ist. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen die Pläne zum Umbau von Potsdams Mitte ausdrücklich.

Wir setzen uns auch dafür ein, dass davon ausgehend mit der gleichen Zielsetzung weitergearbeitet wird: Bei der anstehenden Umgestaltung der Friedrich-Ebert-Straße von der Kreuzung Yorckstraße/Am Kanal bis zum Nauener Tor sollte die Aufenthaltsqualität und die Bevorzugung des Umweltverbundes das wichtigste Ziel sein. Hierbei sollten auch innovative Aspekte der Stadt- und Verkehrsplanung, wie das aus den Niederlanden bekannte Shared-Space-Konzept, Berücksichtigung finden. Shared Space im städtischen Straßenraum bedeutet, dass verschiedene Verkehrsarten sich den vorhandenen Verkehrsraum möglichst gleichberechtigt teilen und möglichst wenig Regulierung durch Beschilderung, Lichtsignale und Fahrbahnmarkierung erfolgt. Die hierdurch erforderliche Aufmerksamkeit auf die anderen Verkehrsteilnehmer führt zu erhöhter Sicherheit und, bei niedrigerer Fahrgeschwindigkeit, aber stetigerem Verkehrsfluss, zu günstigeren Fahrzeiten.

Die Belange der Fußgänger stärker in den Blick nehmen

Das Zu-Fuß-Gehen ist in der Stadt die natürlichste und verbreitetste Fortbewegungsart. Maßnahmen zur Förderung des Fußgängerverkehrs sind daher nötig und sinnvoll. Der Fußgängerverkehr darf nicht wegen seiner Flexibilität als Restgröße behandelt werden, deren Raum ohne Probleme eingeschränkt werden kann. Gute Bedingungen für den Fußgängerverkehr führen bei kurzen Wegen auch zur Vermeidung weniger verträglichen Verkehrs. Bei deren Ausführung sind immer auch die Belange von bewegungs- und sehbehinderten Bevölkerungsgruppen zu beachten.

Unsere Forderungen:

  • Verbesserung der Aufenthaltsqualität für Fußgänger durch Umbau von bisher unattraktiven Straßenräumen nach dem Vorbild der Hegelallee (z. B. in der Breiten Straße)
  • Querungshilfen bei stark befahrenen Straßen durch Mittelinseln, in Einzelfällen auch Fußgänger-Ampeln
  • Verbesserung der Ampelschaltungen zugunsten der Fußgänger
  • Verbesserung der Durchgängigkeit der Verbindung viel begangener Hauptachsen wie der Strecke von der Brandenburger Straße über die Friedrich-Ebert-Straße zum Hauptbahnhof (v. a. durch Verbesserung der Kreuzung Friedrich-Ebert-Straße/Charlottenstraße)
  • Einrichtung und Neugestaltung eines verkehrsberuhigten Bereiches in der Friedrich-Ebert-Straße zwischen der Kreuzung Yorckstraße/Am Kanal bis zum Nauener Tor
  • Schutz der Fußgängerzone in der Brandenburger Straße vor Überqueren durch PKW oder LKW an den Kreuzungsbereichen
  • Berücksichtigung des Fußgängerverkehrs bei Baustellen im Straßenraum (Beispiele: Lange Brücke, Alter Markt)

Radfahren attraktiver machen

Potsdam hat aufgrund seiner kurzen Wege und geringen Steigungen im Stadtgebiet gute Voraussetzungen, eine komfortable Radfahrer-Stadt zu werden. In den letzten Jahren hat sich erfreulicherweise der Anteil des Fahrradverkehrs an den zurückgelegten Wegen auf 20 Prozent erhöht. Das in diesem Frühjahr vorgestellte fortgeschriebene Radverkehrskonzept setzt sich einen Anteil von 27 Prozent zum Ziel. Dies begrüßen wir ausdrücklich.

Um dies oder vielleicht noch mehr zu erreichen, sind nach unserer Meinung folgende Maßnahmen erforderlich:

  • Erhöhung der Investitionsausgaben für das Potsdamer Radwegenetz auf mindestens 750.000 € jährlich ab 2009. Diese Summe wird von der Stadtverwaltung für notwendig angesehen, um das im Früjahr 2008 vorgelegte neue Radwegekonzept und die Radverkehrsstrategie umsetzen zu können
  • Ergänzung des Radwegenetzes durch weitere durchgängige Trassen gemäß dem Radverkehrskonzept
  • Ausweisung von Fahrradstraßen insbesondere auch im ländlichen Raum (auf denen ggf. land- und forstwirtschaftlicher Verkehr zugelassen ist)
  • Radwege sollten nicht zu Lasten der Fußgängerwege, sondern zu Lasten der Fahrbahnen angelegt werden. Fahrradstreifen auf den Straßen erhöhen auch die Sicherheit für Radfahrer
  • Gute durchgängige Kennzeichnung der Radwege
  • Verbesserung von Ampelschaltungen zugunsten der Radfahrer
  • Verbesserung der Fahrbahnqualität der Radwege, um Fahren auf den Gehwegen zu vermindern
  • Ausbau und Ausschilderung von Umfahrungswegen um die Gärten von Sanssouci und Babelsberg und um den Neuen Garten, um den Radlern neben den freigegebenen Wegen auch Alternativen zum Befahren der Gartenanlagen des Weltkulturerbes zu bieten
  • Festlegung von Fahrradstraßen in Wohngebieten, in denen alle Fahrzeuge gleichberechtigt sind
  • Ermöglichen des Befahrens von Einbahnstraßen für Radfahrer gegen die Auto-Fahrtrichtung und des Vorrückens entlang der Autoschlange bei Ampeln (Fahrradschleusen)
  • Ausbau von Fahrradparkplätzen und Errichtung eines Fahrradparkhaus nahe des Stadtzentrums (z. B. am Hauptbahnhof). Neue Fahrradabstellmöglichkeiten – an wichtigen Haltestellen des ÖPNV, ggf. auch integriert in vorhandene Haltestelleneinrichtungen oder Parkhäuser – sollen gut zugänglich sein und Schutz vor Diebstahl und vor Witterungseinflüssen bieten
  • Bessere Berücksichtigung des Fahrradverkehrs bei Baustellen im Straßenraum
  • Bau eines Radweges an Stelle der ISES
  • Verbesserung der Anbindung an die Brandenburger Fernfahrradwanderwege
  • Begleitend zu den genannten baulichen Maßnahmen sind Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit zur Herstellung und Förderung eines fahrradfreundlichen Klimas in der Stadt zu ergreifen (z. B. prominente RadlerInnen in einer Serie von Pressaktionen, zeitweilige Reservierung von Straßen nur für Radler, Aktionstage für Radler)

Öffentlichen Personennahverkehr stetig weiter verbessern

Der öffentliche Personennahverkehr in Potsdam hat bereits in weiten Bereichen eine hohe Qualität, die zu einer guten Akzeptanz von Straßenbahnen und Stadtbussen geführt hat. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für laufende Verbesserungen des ÖPNV-Angebotes ein, um bisher schlecht erschlossene Gegenden auch einzubinden und damit noch weitere Bevölkerungskreise zum Umsteigen vom privaten PKW auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu bewegen. Zu unseren Zielen gehören:

  • Anbindung eines Park+Ride-Systems an den ÖPNV. Die Benutzungsgebühr dieser Parkplätze berechtigt zu Fahrten mit Bussen und Bahnen im Tarifgebiet Potsdam ABC
  • Erweiterung des Straßenbahnnetzes (insbesondere eine Verbindung von Babelsberg in die Neubaugebiete Stern/Drewitz/Kirchsteigfeld)
  • Fortführung des Ersatzes der in die Jahre gekommenen, nicht behindertengerechten Tatra-Bahnen durch neue lärmarme, energiesparende Niederflurfahrzeuge
  • Einsatz von Partikelfiltern bei den Bussen, um in Straßen mit starkem Busverkehr die Feinstaubbelastung zu senken
  • Prüfung des Umstiegs auf Erdgas- bzw. Elektrobusse
  • Prüfung der Möglichkeiten des Einsatzes von solarbetriebenen Fähren zur Erschließung des neuen Viertels in der Speicherstadt und im Touristikverkehr
  • Untersuchung der Möglichkeit umsteigefreier Verbindungen in die Potsdamer Innenstadt durch Zweisystem-Bahnen auf Eisenbahn- und auf Straßenbahngleisen (Beispiel Karlsruhe) z. B. in Richtung Beelitz, Werder und Teltow
  • Taktverdichtung der Regionalbahn nach Golm

Autoverkehr verringern

Anders als die Potsdamer Linke, die sich in Potsdam in starkem Maße als Autofahrerpartei profiliert, sehen wir Grüne Maßnahmen, die die Benutzung von Kraftfahrzeugen attraktiver machen, aus klima- und stadtpolitischen Gründen oft kritisch. Sie sollten sich auf Ausnahmefälle beschränken, z. B. um eine Entlastung von Anwohnern von den Beeinträchtigungen des Verkehrs zu bewirken. Die Verkehrssicherheit muss erhöht werden. Unfallschwerpunkte müssen kontinuierlich entschärft werden.

In der zweiten barocken Stadterweiterung, besonders in der Gutenbergstraße, steht die Belastung durch den dichten Kfz-Verkehr der Entwicklung attraktiver städtischer Geschäftsstraßen als Ergänzung zur Brandenburger Straße entgegen.

Unsere konkreten Forderungen:

  • Unvermeidlichen motorisierten Verkehr in weniger empfindliche oder speziell dafür ausgelegten Bereichen bündeln (Beispiel: Konzentration des Verkehrs auf die dafür umgebaute Behlertstraße, Entlastung von Hans-Thoma- und Gutenbergstraße)
  • Innerstädtische Staus durch verkehrsdosierende Pförtnerampeln an den Zufahrtsstraßen vermeiden (Beispiele: Nuthestraße, Zeppelinstraße)
  • An verkehrsärmeren Kreuzungen sollte zunehmend auf Ampeln zu Gunsten von Kreisverkehren verzichtet werden, da so ein stetiger Verkehrsfluss erreicht werden kann.
  • Entlastung der Straßen der zweiten barocken Stadterweiterung, v. a. der Gutenbergstraße
  • Im Potsdamer Siedlungsgebiet und in den Siedlungsgebieten flächendeckend Tempo 30, bis auf wenige begründete Ausnahmen bei Hauptstraßen (z. B. Nuthestraße, Nedlitzer Straße, Potsdamer Straße, Zeppelinstraße und Heinrich-Mann-Allee)
  • Ausweitung der Parkraum-Bewirtschaftung auf die ganze Stadt, um die Kosten, die Anlage und Unterhaltung von Parkflächen verursachen, nicht länger der Allgemeinheit aufzubürden
  • Reduzierung der Fahrbahnbreite in der Breiten Straße nach dem Vorbild der Hegelallee
  • Vorzugsparkplätze für Autos mit Hybrid-Antrieb
  • Entwickeln und Beschildern eines LKW-Vorrangnetzes im bestehenden Straßensystem, um den Wirtschaftsverkehr möglichst reibungslos abwickeln zu können und dadurch die Belastungen in der Stadt zu mindern. Maßnahmen zur Verhinderung von LKW-Durchgangsverkehr
  • geeignete Parkregelungen, um für die Bewohnerinnen und Bewohner die Auswirkungen des touristischen Busverkehrs zu verringern und gleichzeitig den Strom der Touristen auch in die Stadt zu lenken und damit besser zu verteilen

Tramphaltestelle einrichten!

Trampen wird hat sich – nicht nur bei Jugendlichen – als kostengünstige und auch umweltschonende Art des Reisens bewährt. Die Einrichtung einer solchen Tramphaltestelle, wie sie z. B. in den Niederlanden schon vorhanden sind, erhöhen durch eine Haltemöglichkeit und Wetterschutz die Sicherheit für alle Beteiligten. Ein Platz an der Leipziger Straße in der Nähe des Hauptbahnhofs bietet sich an, weil er für viele TramperInnen bequem zu erreichen ist und an der wichtigen Ausfahrt zur Autobahn liegt.

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